Nennen wir es ein Abenteuer

Flurnamenweg 015

Schweratmend trat ich auf den Felssims. Weit entfernt sah ich Roland auf dem gegenüberliegenden Berghang einen abschüssigen völlig mit Schnee bedeckten Pfad hinunterlaufen. Der Weg konnte nicht einfach sein. Er nutzte Teleskopstöcke. Wenn ich daran dachte, diesen schlittrigen Pfad hinunterzulaufen wurde mir ganz anders. Gleichzeitig war ich froh. Denn ich hätte niemals gewusst, dass unser Weg da verläuft. Der Schnee überdeckte alle Wegmarkierungen. Aber so weit waren wir noch nicht.

Kai's Zillertalphotos 025Der Sims war zwar breit genug, wurde aber durch ein ca. 10 Meter breites Schneefeld unterbrochen. Würde ich Amanda darüber hinweg führen können? Dabei hätte das hier eigentlich der leichtere Teil des Weges sein sollen.

Vor kurzem habe ich unseren Wanderführer als Westentaschendiktator bezeichnet. Diktatoren belügen oft ihr Volk, sonst könnten sie sich nicht an der Macht halten. Dieser hier macht dabei keine Ausnahme. Denn solange wir wandern, sind wir noch nie so sehr in die Irre geführt worden wie an diesem Tag. Dabei meine ich nicht, dass wir etwa vom Weg abgekommen wären. Nein! Wären wir vom Weg abgekommen wäre uns Einiges erspart geblieben.

Stattdessen beschreibt unser Wanderführer die Tour zum Gipfel der Gerlossteinwand als Kai's Zillertalphotos 010“rote” Tour. Jeder einigermaßen erfahrene Wanderer kann so eine Tour bewältigen. Man muss nicht schwindelfrei sein und auch nicht sonderlich trittsicher.

Doch beides war bei dieser Tour dringend geboten.

Aber ich erzähle lieber von Anfang an. Nachdem wir den Aufstieg zum Ahorn bezwungen hatten, wollten wir dieses Mal keine allzu harte Tour machen. Wir hatten Lust auf eine tolle Aussicht. Zudem gibt es zumindest morgens eine direkte Busverbindung von Mayrhofen nach Hainzenberg, dem Startpunkt unserer Tour.

Die Gerlossteinbahn brachte uns auf eine ordentliche Höhe von 1.630 Höhenmetern, so dass wir für nur noch 540 Meter zur Gerlossteinwand überwinden mussten. Das sollte laut unserem kleinen Westentaschenlügner in eineinhalb Stunden zu bewältigen sein.

Dafür steigt der Weg auch vom ersten Meter relativ steil an. Im Wanderführer heißt es: “Obwohl der Aufstieg nicht sehr steil ist, kann er doch sehr schweißtreibend sein …” Wenn auf knapp 3 Kilometern 540 Höhenmeter überwunden werden sollen, dann sagt einem schon die Mathematik, dass es steil bergauf geht. Hey, aber ohne solche Lügen würden wir uns solche Touren vielleicht auch nicht auswählen. Der Aufstieg war steil und er war schweißtreibend. Ich bin weitestgehend schwindelfrei. Aber wenn ich an scharfen Simsen stehe, checke ich gerne, ob auch alle meine Besitztümer sicher sind und nicht zufällig aus der Tasche fallen können. Während des Aufstiegs legten wir zwei Rasten ein und ich erwischte mich jeweils dabei, mit sehr großer Konzentration alles Notwendige gewissenhaft herauszunehmen und wieder zu verstauen.

Wenn man so will, ist das meine Version von Höhenangst. Ich selbst balanciere problemlos an einem Abgrund vorbei. Aber meine Sachen behalte ich dabei genauestens im Auge.

Kai's Zillertalphotos 054Nach gut 2 Stunden hatten wir dann tatsächlich den Gipfel der Gerlossteinwand erreicht. Gleichzeitig wussten wir allerdings auch, dass der Rückweg über diese Route nicht möglich war. Dazu schaute man beim Abstieg zu oft direkt in einen Abgrund. Für Amanda war das nichts. Aber zum Glück hatte unser famoser Wanderführer einen Rundwanderweg ausgesucht. Der Rückweg würde über das Heimjoch gehen und sehr viel einfacher verlaufen.

Von weichen Grasmatten und idyllischen Pfaden war da die Rede. Man kann nicht sagen, dass wir uns auf den Abstieg freuten. Dazu war der Aufstieg zu anstrengend gewesen, aber das schien machbar zu sein.

Wir genossen auf dem Gipfel noch etwas die warmen Sonnenstrahlen und fotografierten die Juwelen der Alpen, Ansammlungen von tief blau strahlenden Bergenzianen. Da sahen wir ihn herankeuchen, der Wanderer, den uns der Himmel geschickt haben muss. Der Mann war schweißüberstömt und meinte, dass dieser Aufstieg durchaus eine “schwarze” Kennzeichnung verdient hätte. Also nur für sehr erfahrene Bergwanderer ausgewiesen werden sollte.

Seinen Namen haben wir nie erfahren. Doch irgendwie sah er wie ein Roland aus. Daher nenne ich ihn in dieser Geschichte so. “Beim letzten Mal konnte ich diesen Weg nicht hinuntersteigen. Ich kann nicht ständig so in den Abgrund schauen. Mein Sohn ist den Weg dann allein gegangen. Jetzt wollte ich ihn zumindest einmal hochsteigen.” Roland kannte sich offensichtlich gut auf der Gerlossteinwand aus.

Wir verabschiedeten uns und machten uns an den Abstieg. Der führte auf den ersten Metern einen verwundenen Pfand mit immer mal wieder überraschend auftauchenden Felsstufen entlang. In solchem Gelände sind wir nicht sonderlich schnell. So überholte uns Roland bald und entfernte sich mit schnellen Schritten. Er schien die Bergwanderung als sportliche Herausforderung zu sehen. Während Mandy sich eine besonders hohe Stufe hinunterquälte, sah ich Roland am Rand des Hangs entlangrasen. Doch plötzlich stutzte er. Offensichtlich war er auf eine überraschende Schwierigkeit gestoßen. Doch dann stieg er entschlossen seitlich den Hang hinauf.

Ein paar Minuten später stand ich an derselben Stelle und erkannte, was Roland gestoppt hatte. Schnee machte die Stelle schwer passierbar. Der Pfad wand sich gefährlich eng zwischen einem überhängenden Felsen und dem Abgrund herum. Um hier vorbeizukommen mussten die Füße auf dem Pfad bleiben, der Hintern über dem Abgrund geschwungen werden und mit den Armen musste man sich an den Felsbrocken klammern. Definitiv nichts für Hasenfüße. Gleichzeitig stand da ein Wegweiser, der nicht sehr eindeutig dazu riet, den Weg fortzusetzen. Ich schaute den teilweise schneebedeckten Hang hinauf, den Roland hochgestiegen war. Ja, da waren rote Wegmarkierungen. Ich zog mein Handy heraus und überprüfte den GPS-Pfad, den ich passend zu unserem Wanderführer aus dem Internet heruntergeladen hatte.

Auch die Technik war mit Rolands Weg einverstanden. Was für ein Glück, dass er uns gerade im richtigen Moment den richtigen Weg gezeigt hatte. Ich wäre ansonsten einfach weiter dem Pfad gefolgt.

Also stieg ich schwer keuchend den Hang hinauf. Es war nicht ganz so schwer, wie es zunächst ausgesehen hatte. Denn mit ein bisschen gutem Willen, konnte ich den Schnee vermeiden.

Vielleicht fragst Du Dich gerade, was an ein bisschen Schnee so schlimm sein soll? Bergwandern bietet oft phänomenale Aussichten und Panoramen. Dabei stehst Du oft nur einen halben Meter vom Abgrund entfernt. Das ist kein Problem. Denn Du hast ja festen Halt unter den Schuhen. Du musst kein Bergsteiger sein, Du brauchst keine Seile, keine Kletterausrüstung. Denn die Wege bieten Dir Halt. Schnee verändert den Deal. Wenn Du im Flachland bei Schnell einmal 30 cm weit schlitterst, ist das kein Beinbruch. Auch wenn Du hinfällst, holst Du Dir allenfalls ein paar blaue Flecken.

Am Berg in den Alpen sieht das ganz anders aus. Wenn Du hier rutscht oder stolperst, hast Du nur relativ wenig Sicherheitsmarge bis zur Katastrophe. Jetzt müsstest Du besonders sicher und trittfest sein. Aber die Situation setzt Dich unter Stress. Daher bist Du einen Bruchteil weniger sicher. Du belastest Deinen Fuß beim Schritt nicht so entschlossen, wie es nötig wäre, um einen bessere Halt zu bekommen.

Um es kurz zu machen: Schnee ist Mist.

Aber zum Glück gab es schon genügend grüne Flecken auf dem Hang, dass ich den rutschigeren Belag vermeiden konnte. Ich lief schnell auf die nächste Kurve zu, die auf einen Felssims führte. Roland war schon weit entfernt. Was ich aber sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren: Schnee! Nicht so harmlos, wie eben an dem Hang. Sondern ein riesiges Schneefeld in einem Stück!

So wahr ich diese Zeilen hier schreibe, meine kaffeebraune südafrikanische Prinzessin verwandelte sich vor meinen Augen in einen Schneehasen, als sie die rutschige kalte Fläche sah. So weiß wurde sie im Gesicht.

(Amanda korrigiert mich gerade. Dank der heftigen Sonneneinstrahlung der letzten Tage muss es meine espressobraune südafrikanische Prinzessin heißen)

Aber was willst Du da machen? Zurück konnten wir nicht mehr. Ein Schritt nach dem anderen. Als erstes der zehn Meter breite Streifen, der den Felssims unkenntlich gemacht hatte. Abrutschen war hier keine Option. Mir selbst war schon ziemlich mulmig, als ich meinen ersten Schritt auf die weiße Masse setzte. Was mir Mut gab, war das Wissen, dass Roland es auch geschafft hatte. Und tatsächlich! Ich sah seine Spuren. Sein erster Schritt wäre wohl fast fatal gewesen, denn direkt unter einer dünnen Schneeschicht, war nicht etwa der Sims, sondern ein eisüberzogener Fels. Gut, dass ich diesen Fehler nicht noch einmal machen musste.

Ich verpflichtete Amanda, direkt in meinen Fußspuren zu wandeln und setzte meine Füße in Rolands Spur. Es ging überraschend leicht. Auf der anderen Seite des Sims angekommen fielen wir uns erst einmal in die Arme. Geschafft!

Die nächsten 400 Meter waren einfach. Der Sims brachte uns direkt zum Schneefeld und dann begann es, kritisch zu werden. Denn der ursprüngliche Pfad führte steil bergab. Mit Schnee bedeckt machte ihn das zu einer erstklassigen Rutsche, die am Ende in einen aus Schmelzwasser gespeisten See führte.

Lebensbedrohlich sah das zwar nicht aus. Aber dazwischen gab es genügend harte Felsen, die aus dem Schnee lugten, dass es vermutlich nicht bei einem eiskalten Bad bleiben würde.

Zum Glück sahen wir auch hier wieder Rolands Spur und vertrauten darauf, dass er es ja geschafft hatte, ohne im See zu enden.

Mit dem Mut der Verzweiflung machten wir uns an den Abstieg. Kurze Zeit später kamKai's Zillertalphotos 064 mein Schneehase ins Rutschen, bevor daraus eine Talabfahrt wurde, stemmte Amanda ihre Stöcke entschlossen in den Schnee. Puh! Gerade noch einmal gut gegangen!

Ab da liefen wir beide wie auf rohen Eiern ganz langsam Schritt für Schritt den Pfand hinunter. Nach gut 600 Metern erreichten wir schließlich wieder einen teilweise freigelegten Pfad. Ab hier wurde es leichter. Schließlich passieren wir den See und ließen den Schnee hinter uns.

Flurnamenweg 032Danach liefen wir zugegebenermaßen durch ein wunderschönes Tal mit einer Parklandschaft, die nur die Natur in solcher Schönheit und Perfektion schaffen kann. Bezogen auf unsere zehn Tage im Zillertal war es wohl mit Abstand der schönste Wegabschnitt.

Nachträglich bin ich ein wenig zwiegespalten. Die Situation war durchaus gefährlich und wir hätten sie ohne Rolands Beispiel und seine Spur in die Sicherheit kaum so gut gemeistert, wenn überhaupt. Allerdings ist es nachträglich auch ein großartiges Abenteuer! Die Geschichte für diesen Blog schrieb sich fast wir von selbst. Sonst muss ich mir schon mehr Gedanken darüber machen, wie ich eine normale Wanderung interessant darstelle.

Flurnamenweg 034Amanda Codename “Schneehase” ist da schon eindeutiger. Auf die Gerlossteinwand wird sie nie wieder steigen. Ich kann das verstehen. Ich habe ja weniger um mich Angst gehabt, als dass ich sie sicher ins Tal zurückbringe. Als Kind habe ich den Schnee in allen möglichen Situation erlebt, ich bin auch an Dreckhängen rauf- und runtergeklettert. Ich stehe eigentlich immer sicher. Amanda ist in Südafrika aufgewachsen. Schnee kennt man dort nur aus dem Fernsehen. Das Medium ist für sie viel schwerer einzuschätzen.

Trotzdem war es gut. Denn Amanda bewältigt nach dieser Erfahrung schwieriges Gelände mit größerer Sicherheit. Früher durfte ich ihr oft über große Stufen und verwinkelte Baumwurzeln hinweghelfen. Dafür braucht sie mich nicht mehr. Für mich war es ein Abenteuer, aber für Amanda war es eine Erfahrung. Und das ist gut so!

Wadenbrenner Ahorn

Kai's Zillertalphotos 003Der Ahorn ist einer der Hausberge von Mayrhofen. Wir sehen diesen Berg jeden Tag und er ragt steil nach oben. Gleich am Anfang haben Amanda und ich uns angesehen und erst einmal davon Abstand genommen, diese schroffen Hänge nach oben steigen zu wollen. Doch jetzt ein paar Tage später sieht die Welt ganz anders aus.

Auch wenn wir gerne Wandern, erreichen wir ebenso gerne unser Ziel. Seit unserer Rastkogeltour ist aber der Wurm drin. Unser Wanderführer schreibt über den Ahorn, dass es vor allen Dingen eine Frage der Kondition ist, ihn zu besteigen. Aus unserer Kaffeefahrt mit der Bergbahn wissen wir, die Strecke sieht gut aus und kein Schnee und kein Steinschlag wird uns aufhalten. Das klingt gut.

Die Sache mit der Kondition werden wir einen Test unterziehen.

Flurnamenweg 006Eben jene Kondition sollte am bisher heißesten Tag des Jahres auf einen schweren Prüfstand gestellt werden. Morgens um 9:00 Uhr war es noch einigermaßen erträglich, aber je höher wir kamen, je dünner die Luft wurde und desto heißer es wurde, desto mehr fühlten wir uns geprüft. In der ersten Stunde hatte ich das Gefühl, als würden ständig meine Waden überstreckt. Später hat sich mein Körper daran gewöhnt und ich spüre nur noch die Anstrengung, ständig scharf bergauf zu steigen. Aber was soll’s? Unser Ziel wird uns entschädigen.

Kai's Zillertalphotos 005Als Wanderer lassen wir uns gerne von der Bergbahn in luftige Höhen tragen, um von dort aus noch höher gelegene Ziele zu erreichen. So fängt die Tour gleich mit einem “Knall” an. Aber der Aufstieg vom Tal hat seinen besonderen Reiz. Denn die Vegetation verändert sich mit den verschiedenen Höhenlagen und beim Aufstieg erlebst Du es hautnah mit.

Auch die Aussicht ist anders. Du weißt sie anders zu schätzen. Jeder Höhenmeter ist Deine Leistung. Es ist, als würde man ständig für seine Mühen belohnt.

Mit anderen Worten: Auch wenn wir bei diesem Aufstieg viele Kräfte ließen und der Schweiß uns in Strömen herunterlief, war all das nichts im Vergleich zu diesem tollen Erlebnis.

Oben an der Gipfelstation gönnten wir uns einen leckeren Salat und Tiroler Joghurt mit Früchten, lecker!

Kai's Zillertalphotos 006Ich bin hin und her gerissen, ob ich diese Tour empfehlen soll. Es ist wohl Geschmackssache. Generell bietet der Aufstieg viele schöne Ansichten für die Kamera. Doch wer hat ein Auge dafür, wenn Deine Waden ständig vor sich hin maulen? Wenn Du Dich selbst überwinden willst, dann ist der Ahornaufstieg genau richtig für Dich.

Die Wandertipps unseres Hotels raten dazu, diese Tour in die umgekehrte Richtung von der Seilbahnstation zu laufen. Das mag weniger anstrengend sein, aber bei dieser Steigung ständig bergab? Da legen am Ende die Knie und Fußsohlen einen Zillertaler Jodler hin.

Kai's Zillertalphotos 051Beim Aufstieg kamen uns einige Wanderer entgegen. Ein bisschen haben wir sie beneidet, wie sie uns frisch duftend ohne einen Tropfen Schweiß auf der Stirn passierten. Manche hatten noch nicht einmal richtige Wanderschuhe an. Aber jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, spüre ich nur den Stolz, es von 633 Höhenmeter auf knapp 2.000 Meter geschafft zu haben. Frischer Geruch wird vielleicht überschätzt.

Mit einem Paar aus (vielleicht) Thüringen kamen wir näher ins Gespräch. “Es ist schon noch ein Stück nach oben”, meinte er mit einem Salz und Pfeffer-Vollbart. “Wir sind schon gut eine Dreiviertelstunde unterwegs. Raufzu’s brauchen Sie bestimmt das Doppelte!” Das klang zwar nicht ermutigend, trotzdem meinte ich, “jetzt sind wir schon so hoch gestiegen, den Rest schaffen wir auch noch.” “Was? Von dort unten aus dem Tal sind Sie hochgestiegen? Sie haben meinen vollen Respekt!” Ach, es ist doch schön, wenn auch andere Deine Leistung zu schätzen wissen.

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Zu dem Zeitpunkt konnten wir es noch nicht wissen, aber wir würden den beiden Thüringern noch einmal begegnen.

Der Zustand meiner Handrücken ist in ein neues Stadium getreten. Den ersten Teil des Ahorn-Aufstiegs trug ich keine Handschuhe, weil ich mich im Schatten des Waldes sicher wähnte. Später in der Sonne schlüpfte ich diszipliniert in sie hinein. Doch als ich sie in der Bergstation auszog, erlebte ich eine unangenehme Überraschung. Die Haut hatte große Blasen gebildet. Aus ästhetischen Gründen zeige ich keine Fotos davon. Denn meine Handrücken sehen aus, wie der Hintern einer Kröte.

Flurnamenweg 040Seit Jahren haben wir beim Wandern immer ein Medikit dabei. Dieses Mal konnte ich es zum ersten Mal richtig einsetzen. Damit die übrigen Gäste im Restaurant ob meines Anblicks ihr Essen nicht gleich wieder auf dem Tisch hatten, bandagierte ich meine Hände, nachdem ich etwas kühlendes Gel auftragen hatte.

Keine Sorge! Während ich diese Zeilen schreibe, geht es meinen beiden Krötenhintern schon viel besser. Irgendwie fangen sie an, mir so zu gefallen, wie sie jetzt sind. Ist doch mal was anderes. Quoook!

Freie Wege für freie Bürger

Amanda Brandberg 036Oh nein! Unser weg ist gesperrt! Das hätte ich wissen können. Aber ich habe es lieber vorgezogen, mich nicht durch besseres Wissen von meinen Zielen abhalten zu lassen. Vielleicht erinnerst Du Dich, an unserem ersten Tag wollten Amanda und ich als Einführungstour den Flurnamenweg Zillergrund gehen. An der Rezeption stoppte man uns, weil der Weg gesperrt sei.

Knapp eine Woche später konnte dieser Weg doch nicht noch immer gesperrt sein, oder? Ich hatte die Verantwortlichen im Verdacht, dass sie die Informationen nicht immer up-to-date hielten. Daher fragte ich weder an der Rezeption, noch recherchierte ich im Internet. Falls es eine Sperrung gäbe, könnten wir immer noch auf die Straße ausweichen.

Amanda Brandberg 023Der Flurnamenweg Zillergrund ist wirklich ein Kleinod. Er erinnerte uns lebhaft an das Gasterntal im Berner Oberland. Der Weg verläuft ständig am Rande der tosenden Fluten der an diesem Weg wilden Ziller. Neben dem Weg wächst eine Vielzahl von Blumen. Die Landschaft ist abwechslungsreich und bietet Gelegenheiten für viele schöne Fotos.

WP_20130616_048Wir genossen unseren Weg in vollen Zügen, als wir völlig unerwartet auf die Vollsperrung unseres weiteren Weges stießen. Unglücklicherweise hatte der Weg uns an dieser Stelle weit von der Straße weg geführt. Wir hatten im Grunde zwei Optionen: Wir konnten eine gute halbe Stunde bis zur Straße zurückgehen oder wir konnten nach Brandberg weiter gehen.

Wir entschlossen uns für Brandberg. Amanda bedachte mich zwar mit einem ihrer berüchtigten Seitenblicke, aber der Weg selbst bot so viel schöne Abschnitte, dass ich dafür voll entschädigt wurde.

In Brandberg nahmen wir diesmal nicht den Bus, sondern setzten unseren Weg nach einer Pause im Gasthof Thanner nach Mayrhofen fort. So haben wir am Ende des Tages doch eine ordentliche Strecke zurückgelegt. Es schmerzt mich allerdings, den Flurnamenweg nicht bis zum Ende beschritten zu haben.

Brandberg – Der Anfang einer Tour

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Beim Bergwandern ist das Wetter immer ein kritischer Punkt. In über 2.000 Metern möchtest Du ungern in einen Regensturm geraten. Als daher für diesen Tag 40 Prozent Regenwahrscheinlichkeit angesagt wurden, votierte ich freiwillig für eine leichte Tour. Es sollte der Bergmähwiesen-Weg in Brandberg werden. Damit die Sache nicht zum Spaziergang entartete, schlug ich Amanda vor, von Mayrhofen nach Brandberg zu laufen. Auf der Karte sah es machbar aus.

In weiser Voraussicht warnte ich meine Liebste vor. “Es könnten einige Steigungen dabei Amanda Brandberg 035sein.” Wie ich darauf komme? Mayrhofen liegt 633 Meter hoch und Brandberg auf 1.082 Metern Höhe. Davon unbeeindruckt liefen wir einfach los.

Der Anfang des Weges war wieder Teil eines Kreuzwegs. Das kannten wir ja schon aus Ried. Allerdings ging es damit auch vom ersten Meter an steil bergauf. Am Wegesrand tobt sich allerdings die Vegetation aus und das bedeutet reiche Beute für die Kameras.

Amanda Brandberg 022Einen anständigen Anstieg später erreichten wir die Brandbergkappelle und setzten nach kurzer Denkpause unseren Weg fort. Und der hatte es in sich. Über viele Kilometer schlängelt sich eine Serpentine nach der anderen und es geht ständig nur bergauf. Irgendwann sind wir tatsächlich auf gut 1.200 Metern Höhe.

Wie passt das noch zusammen? Ganz einfach, Brandberg zieht sich über einen Berghang. Es gibt höhere und tiefere Bereiche. Nur zu bereitwillig folgen wir ein Hinweisschild, das uns die Bushaltestelle in Brandberg verheißt, der Startpunkt unseres Bergmähwiesenwegs.

Doch zu früh gefreut. Erst einmal geht es wieder kilometerweit bergab. Der Weg ist allerdings sehr schön. Der Boden ist weich und federt aufgrund dicker Lagen von Tannennadeln. Es liegt ein leichter Harzgeruch in der Luft. Da ist es eine Lust, zu laufen.

Mit Sorge beobachte ich allerdings meine Uhr. Wir sind aufgrund der Wegwahl relativ spät gestartet und wir hatten nicht damit gerechnet, so lange nach Brandberg zu brauchen. Notiz an mich selbst: Steigungen kosten viel Zeit.

WP_20130615_065Als wir schließlich in Brandberg ankommen, sengt die Sonne in brachialer Gewalt auf uns herab. Inzwischen trage ich Handschuhe oder ziehe die langen Ärmel meines Hemds über die Hände, weil ich mir die Handrücken bei unserer extralangen Tour zum Rastkogel verbrannt hatte. Das fühlte sich jetzt nach einigen Stunden Wanderns angenehm warm an.

Just als wir in Brandberg ankamen, fuhr auch der Bus nach Mayrhofen. Amanda nahm mir die Aufgabe des Partypoopers ab und überredete mich, die weitere Tour abzubrechen und in den Bus zu steigen.

Ein bisschen dankbar und ein bisschen verschämt stieg ich in den Bus und freute mich auf einen Samstagnachmittag in Mayrhofen.

Doch meine Liebste hatte noch einen Vorschlag auf Lager. “Lass uns doch mit der Bergbahn auf den Ahorn fahren und oben einen Kaffee trinken. Danach fahren wir wieder runter und haben noch ein schöne Aussicht gehabt!”

Wer die Preise von Bergbahnfahrten kennt, wird vermutlich die Stirn in Amanda Brandberg 092Falten legen, ob so viel Dekadenz. Doch wir beide haben die Zillertal Activcard. ÖPNV ist damit frei und wir haben pro Tag eine Berg- und eine Talfahrt frei. Warum sollten wir das nicht nutzen?

Dieses Mal erreichten wir unserer Ziel. Doch bei einem Kaffee blieb es nicht. Der original Kaiserschmarrn war auch sehr lecker.

Unerwartete Höhen und Sankt Pankraz

Ried 058Nach der langen Tour, die uns nicht auf den Rastkogel führte, legten wir einen Erholungstag ein. Es sollte nicht zu anstrengend sein und gleichzeitig Futter für die Kamera bieten. Amanda wählte für uns daher eine Wanderung von Ried bis zur Wallfahrtskirche Sankt Pankraz in Uderns aus.

Der Wanderführer versprach uns eine wenig herausfordernde Wanderung. Bis auf eine Kleinigkeit. Denn es sollte 330 Meter in die Höhe gehen.

Auf einer Wanderung möchtest Du ein Ziel erreichen und wenn dafür eine oder zwei Steigungen zu bewältigen sind, bitteschön, dann machen wir es!

Ried 004Der erste Abschnitt in Ried startete an einem Kreuzweg. Üblicherweise sind solche Weg historisch und am Wegesrand sind die 12 Leidensstationen Christi dargestellt. Am Ende gibt es immer eine kleine Kapelle. Und rate mal, in Ried war es ganz genauso. Allerdings gibt es hier eine Besonderheit. Denn dieser Kreuzweg wurde in der Neuzeit angelegt. Wohlhabende Bürger haben die Grundstücke am Hang und die geschnitzten Kreuzstationen gespendet.

WP_20130614_083Anders als im Wanderführer beschrieben, gingen wir den Kreuzweg bis zum Ende. Dabei stand der Glaube im Vordergrund. Der Glaube, sich noch immer auf dem richtigen Weg zu befinden. Aber da täuschten wir uns. Laut Wanderführer hätten wir den Kreuzweg im oberen Drittel verlassen sollen, um auf einer Asphaltstraße weiterzuwandern.

Der gewählte Weg ist definitiv der Schönere, wenn er auch eine WP_20130614_099scharfe Steigung vorlegt und uns ganz schön zum Schwitzen brachte. Die Kreuzkapelle ist kein Kleinod, aber sehr schön gemacht.

Von dort setzten wir unseren Weg fort, um unseren verlorenen Weg zu jagen. Zu unserem Wanderführer gibt es die GPS-Koordinaten fürs Handy zum Download. Daher sind Abwege eigentlich kein Problem mehr. Der moderne Wanderer kann sich so wieder der eigentlich geplanten Route nähern, ohne ganze Wegesteile zurück gehen zu müssen.

In Realität läuft es dann oft so: “Wir sind ganz nah!” “Die Straße verläuft oberhalb hinter dem Dichten Unterholz mit den Dornen.”

“Und wie kommen wir jetzt dorthin?”

“Keine Ahnung. Lass uns einfach weitergehen. Ich glaube, die Karte zeigt weiter vorne an, dass unser Weg auf die Straße führt.”

Wanderführer entmündigen Dich. Sie besitzen die Wahrheit über den einzig richtigen Weg und wenn Du abseits läufst, bist Du falsch. Dabei war unser Weg um Längen schöner als der vorgeschlagene.

Notiz an mich selbst: Wenn der Weg schön ist, dann sind wir richtig, ganz gleich was der Wanderführer erzählt.

WP_20130614_104Lange währte unsere Revolution nicht und bald folgten wir wieder dem Westentaschendiktator, der uns auf einer asphaltierten Straße in die Höhe führte. In der Wegbeschreibung hieß es: “… und wir gewinnen in zwei Serpentinen leicht an Höhe …”

Was für eine Untertreibung. Die Serpentinen sind elendig lang und führen in luftige Höhen. Während des Aufstiegs steigt langsam die Spannung. Liegt Sankt Pankraz so hoch? Schwebt die Wallfahrtskirche quasi über den Wolken?

Doch dann erreichst Du die Abzweigung nach Uderns und es geht schnurgerade abwärts. Vielleicht wollte unser Westentaschendiktator uns eine grandiose Aussicht auf das Tal spendieren. Doch davon steht da kein Wort. So macht sich Enttäuschung breit. Warum sind wir jetzt diesen ganzen Weg nach oben gewandert, wenn es weiter untern einen Pfad durch den Wald gegeben hätte, der dazu keinen so langen Aufstieg braucht?

Führung ist eine schwierige Sache und wir einfachen Wanderer müssen wohl nicht immer verstehen, warum eine Anweisung in der Wegbeschreibung steht. Zumindest haben wir auf dem Weg viel Futter für die Kamera gefunden. Das entschädigt.

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Nach dem wir die Höhe vollständig abgebaut hatten, stehen wir vor dem geschützten Kirchberg von Sankt Pankraz, unserem Ziel des Tages. Die Besichtigung war kurz und schmerzlos, aber schön. Wir hatten noch kein Mittagessen gehabt und entschlossen uns, die Bahn in Uderns zurück nach Mayrhofen zu nehmen, um im Sennereibistro eine der lokalen Milchköstlichkeiten zu probieren.

Eine Frage der Vernunft

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Liegt Schnee oder nicht? Die Frage mutet Mitte Juni seltsam an. Doch hier im Zillertal werden erst nach und nach die Gipfelstationen geöffnet. Auf dem Mayrhofner Hausberg, dem Ahorn lag letzte Woche noch ein halber Meter von dem weißen Winter.

Für den dritten Tag unseres Wanderurlaubs hatten Amanda und ich uns hohe Ziele gesetzt. Der Rastkogel ist mit über 2.700 Metern kein flacher Zipfel. Daher waren wir uns nicht sicher, ob wir ihn meistern könnten. Unser mitgebrachter Wanderführer “Zillertal” ordnet die Tour vom Penken zum Rastkogel als mittelschwer ein. Also nichts, was wir beiden nicht mit ein bisschen Optimismus lösen könnten.

Wer einen Gipfel besteigen möchte, sollte früh los. Doch das ist bei den Öffnungszeiten der Bergbahnen gar nicht so einfach. Die Penkenbahn startet erst um 9:00 Uhr früh.

Wir standen also um 9:30 Uhr an der Bergstation der Penkenbahn. Von dort sind es aber noch 30 Minuten bis zum Penkenjoch, von dem der Autor unseres Wanderführers seine dreieinhalb Stunden Tour starten lassen wollte. Wohlgemerkt für Hin- und Rückweg. Das Hinweisschild des DAV vermerkt hierzu 4 Stunden für eine Strecke. Wem soll man da glauben?

WP_20130613_009Es gibt wohl nichts Schöneres, als bei strahlendem Sonnenschein seine Tour zu starten. Amanda und ich waren vom Vortag ausgeruht und legten ein gutes Tempo vor, obwohl die Auslöser von Kamera und Handykamera ausdauernd klickten.

Die dünne Luft oberhalb von 2.000 Metern machte uns allerdings bei den Anstiegen ein wenig zu schaffen. Wenn Dein Trainingsgebiet der Taunus ist, dann schnupperst Du die dünnste Luft bei 680 Meter auf dem Gipfel des Feldbergs. Dafür hatten wir uns also nicht vorbereiten können.

Rastkogeltour Mandy Cam 017Trotzdem lief alles gut, bis wir die Wanglalm erreichten. Dort zeigte ein Wegweiser “Rastkogel” an und leitete uns quer über den Hang der Wanglspitze. Hätten wir einen Blick in den Wanderführer geworfen, dann hätten wir dort lesen können, dass wir uns zunächst auf den Gipfel der Wanglspitze hätten hocharbeiten müssen, um auf dem Kamm weiterzugehen. So liefen wir durch eine Hangwiese, die alle Attribute eines Hochmoores hatte, insbesondere sehr tückische Trittlöcher.WP_20130613_041

Unser zünftiger Wanderschritt wurde zum unsicheren Gehoppel und unser Tempo sank auf Invalidenniveau. Wenn wir hier nicht höllisch aufpassten, konnte dieser Zustand permanent werden. Hinzu kamen einige kleinere Schneefelder, die wir lieber umgingen, da sie oft unterhöhlt waren und das Gebirgswasser direkt darunter hervorquoll. Nach einiger Zeit stiegen wir über einen einigermaßen begehbaren Gebirgsbach zu einem besser befestigten Pfad ab. Am Ende dieses tückischen Hanges konnten wir ja jederzeit wieder Höhe gewinnen und auf den eigentlich geplanten Weg zurückkehren.

WP_20130613_042Danach kamen wir besser voran. Doch eine Frage beschäftigte uns. Wie konnte unser Wanderführer diesen miesen Weg als “mittelschwer” einordnen? Zumal wir an diesem Hang allein gut anderthalb Stunden verbrachten.

Am Ende kamen wir endlich auf eine befestigte Straße. Jetzt nur wieder Höhe gewinnen! Doch das war einfacher gesagt als gestiegen. Denn hier waren weite Flächen noch von Schnee bedeckt. Wir versuchten unser Bestes. Wir kämpften uns durch nassen Schnee und sanken teilweise bis über die Knie ein.

Später stiegen wir steile Grashänge in der brütenden Mittagshitze hoch. Wie sich das mit dem Schnee vertrug? Offensichtlich bestens, denn es gab mehr davon, als uns lieb war. Es wurde immer später und der Rastkogel-Gipfel lag noch 400 Meter höher und war – wie sollte es anders sein – schneebedeckt.

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Ziele sind eine schöne Sache und wir hätten so gerne das Gipfelkreuz gesehen. Doch in den Bergen ist Vernunft ein oft unterschätztes Wesensmerkmal. Amanda hatte ihre Kräfte schon im unwegsamen Gelände verschlissen. Wir setzten uns daher zur Mittagspause auf eine grasbedeckte Kuppe und genossen für ein paar Minuten die Landschaft. Der Gipfel wird noch da sein, sollten wir zurückkehren. Also brachen wir den Gipfelsturm ab.

Statt über die Hoppelwiese zum Penken zurückzukehren, entschieden wir uns, nach Vorderlahnersbach abzusteigen. 1.100 Meter sind kein Pappenstiel und gehen gemein in die Knie. Ein schönes Detail ist auch, wenn der Weg durch ein Feuchtgebiet führt und Du bei einem Fehltritt bis zu den Knien in den lockeren Schlamm einsinkst. Soll ja gut für die Haut sein. Aber Amandas Bergstiefel sehen nicht wirklich besser aus. Um 16:20 Uhr kamen wir schließlich im Tal an.

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Das war ein bisschen länger als die ursprünglich prognostizierten dreieinhalb Stunden für unsere Tour zum Rastkogelgipfel. Aber seltsamerweise fühlten wir uns großartig. Mag sein, dass die Sohlen noch etwas rauchten, aber insgesamt haben wir diesen Tag in den Bergen sehr gut überstanden.

Mit einer Ausnahme vielleicht. Am Morgen hatte ich vergessen, meine Hände mit Sonnenmilch einzureiben. Solche Sünden werden natürlich bestraft. Daher sind meine Handrücken jetzt knallrot und leicht geschwollen. Die nächsten Tag werde ich beim Wandern Handschuhe tragen müssen, bis die Haut weniger lichtempfindlich ist. Bis dahin bin ich Kai mit den Lobsterhänden.

Ramsauwetter

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“Das kann doch nicht Dein Ernst sein!” Da kannte mich meine Liebste schlecht. Natürlich war das mein Ernst. Es ist der erste Tag unseres Wanderurlaubs in den Zillertaler Alpen.

Am ersten Tag wollten wir es langsam angehen lassen. Daher hatten wir uns eine leichte Tour ausgesucht, den “Flurnamenweg Zillertal”.

Mehr einer Eingebung folgend, fragte ich im Vorbeigehen an der Rezeption, was mir die Dame über den Bus für die Rückfahrt von der 15 Kilometer-Strecke sagen konnte. “Das ist ganz einfach. Der Bus verkehrt regelmäßig. Aber Sie können da nicht langgehen. Ein wichtiges Teilstück ist gesperrt. Da kommen Sie nicht vorbei!”

Na, das fing ja gut an! Schnell entschieden Amanda und ich uns um. Dann sollte es eben eine ebenfalls leichte Strecke vom Ramsberg nach Brandberg sein. Der Start der Tour liegt in Ramsau und wir beschlossen von Mayrhofen dorthin zu laufen. Die Dame an der Rezeption beschrieb uns den Weg. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen!

Nach kurzer Zeit fing es an, leicht zu regnen. Aber nach unseren Erfahrungen im Berner Oberland sind wir gut ausgerüstet. Amanda hat eine Regenjacke aus einem Material, mit dem ich vielleicht meine Butterbrote verpacken würde. Aber der Hightech-Kunststoff hielt, was der Preis verspricht. Von außen wurde sie nicht nass. Ich trug eine knallrote Jacke von Vaude ohne Futter, die mich sowohl vor Wind als auch Regen schützen sollte.

Vom Regen abgesehen, war die Zillerpromenade entlang des gleichnamigen Flüsschens einfach zu finden und wir waren guter Laune. Irgendwann zeigte der Wegweiser nach Ramsau und wir folgten dem neuen Weg., Der schien nicht so recht zu wissen, ob er den Berg hinauf sollte oder im Tal verlaufen wollte. So ging es aus aufwärts und abwärts. Bis wir schließlich selbst die Entscheidung treffen sollten. Ein Weg führte im Tal nach Ramsau und einer den Hügel hinauf.

“Wo sollen wir entlang gehen?” Amanda wusste es natürlich auch nicht. Wegen des inzwischen ausdauernden Regens wollten wir weder Karten noch GPS-Handy zu Rate ziehen. Hightechfaser schützen eben nicht vor falschen Entscheidungen. Der Weg in die Höhe versprach die bessere Aussicht. Also gingen wir bergwärts. Später erfuhren wir den Namen der Straße: “Schweineberg”.

Die Amerikaner verloren einen Krieg in der Schweinebucht. Uns ging es ähnlich. Nur verloren wir unseren Weg auf dem Schweineberg. “Ramsau” war zwar mannigfaltig ausgeschildert, aber dieser Weg würde uns wohl nie zum Ramsberglift führen.

Lifte haben einen enormen Nutzen. Sie bringen Dich in luftige Höhen, von denen Du Deine Abenteuer mit frischen Kräften starten kannst. Wir dagegen irrten offensichtlich am falschen Hang herum.

Eine knappe Stunde später führte der Weg wieder abwärts nach Ramsau. Amanda war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut auf improvisierte Wandertouren zu sprechen. Sie gestand mir zwar zu, dass wir den Weg ja nicht hatten vorbereiten können. Aber das Ergebnis war nun einmal nicht das, was wir uns für einen ersten Tag gewünscht hätten. Dabei wusste Sie doch noch gar nicht, was kommen würde!

Plötzlich gab es einen neuen Wegweiser “Kotahorn 3 h”. Die Kotahornalm kannten wir von unseren Wanderführer. Dort hätten wir nach der Liftfahrt als erstes hingemusst.

Was denkst Du, habe ich Amanda vorgeschlagen? Die Antwort kennst Du bereits. Ja, ich wollte den Fußweg hinaufnehmen. In meinem Hinterkopf dachte ich mir: So sparen wir uns den Lift. Just in dem Moment bemerkte meine Liebste: “Na, freust Du Dich, dass Du Dir das Liftgeld sparst?” Erwischt!

Der Weg zu Alm war lang. Bald wurde aus dem Dauerregen ein Wasserfall. Doch die Kleidung hielt.

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Was vielleicht auch daran lag, dass wir uns für eine Viertelstunde unter dichtes Blattwerk gestellt hatten. Irgendwann hatte der Himmel ein einsehen und es hörte so plötzlich auf, als hätte jemand den Wasserhahn zugedreht. Wir wanderten durch einen verwunschen Wald, der durch Licht und Nebel wie aus einer anderen Welt wirkte.

WP_20130611_015Schließlich riss der Himmel sogar auf und wir schwitzten im eigenen Saft. Der Weg war an manchen Stellen kriminell glatt. Das letzte Stück halfen Amanda WP_20130611_026und ich uns gegenseitig. Der Weg führte in engen steilen Serpentinen nach oben und Mountainbiker hatten jede Baumwurzel freigelegt und seifenglatt geschliffen.

Oben angekommen, waren wir am Ende unserer Kräfte. Nach Brandberg wollte nicht einmal ich mehr gehen. Der Almwirt der 400 Jahre alten Kotahornalmhütte staunte nicht schlecht, als er erfuhr, welchen Weg wir hochgekommen waren.

Oben war es kalt und so durchgeschwitzt wie wir waren, stärkten wir uns kurz und stiegen dann zum Ramsberglift ab. Ich bin kein Fan von Sesselliften, wenn sie talwärts fahren. Aber es war mir fast egal.

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Unser erster Tag hat uns gleich an den Rand der Erschöpfung gebracht. Am Abend konnte ich kaum gerade am Tisch sitzen.

Ja, es war mein Ernst gewesen. Nachträglich gesehen, muss man solche Touren nicht bei strömenden Regen machen. Mag sein, dass Hightechfasern Dich warm und trocken halten. Aber es ist trotzdem kein Vergnügen.

In schwindelnder Höhe

Oeschinen Heuberg 146 Die Wetterprognose war vielversprechend. Zumindest versprach sie mehr als an allen anderen Tagen zuvor. Dem wollten wir nicht hinterher stehen und planten die bisher ambitionierteste Tour. Wir wollten auf die Blümlisalphütte über den Hohtürli-Pass. »Passen Sie gut auf sich auf und riskieren Sie nicht zu viel«, gab uns unsere Gastgeberin vom Bernerhof mit auf den Weg.

Als Mann fühlte ich mich natürlich schon seit einigen Tagen vom Berg herausgefordert. Allerdings habe ich zu viel Spaß an meinem Leben, um meine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Wir versprachen daher brav, bei Gefahr den Rückwärtsgang einzulegen.

Den Knackpunkt dabei, sollte ich allerdings erst dann begreifen, als es eigentlich schon zu spät war.

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Thun nicht gut?

thun 002 »Thun ist schön, nichts tun noch schöner.« Das sagen die Schweizer über die kleine Stadt am See gleichen Namens. Doch wer die Stadt besucht, könnte den See niemals zu Gesicht bekommen.

Es war wieder das Wetter, das meine Lieblingsfrau und mich an einer weiteren Tour hinderte. »Ein Ruhetag nach zwei Tagen Wandern ist doch auch ganz gut«, meinte sie.

Warum auch nicht? Wir sind im Urlaub und können thun und lassen was wir wollen. 😉

thun 007 Nach 40 Minuten Fahrt hatten wir Thun am Thuner See erreicht. Erstaunlich finde ich dabei allerdings, dass wir von der Autobahn den See nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekamen. Der zufällig vorbeifahrende Tourist, hat so keine Ahnung, dass ein großer türkisfarbener See darauf wartet, von ihm entdeckt zu werden.

Der informierte Tourist dagegen kann es gar nicht erwarten, den See endlich zu Gesicht zu bekommen. Doch Gemach! So schnell wird das nicht passieren. 😮

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Himmel und Hölle

Gemmi-M 089Beide liegen bekanntlich nah beieinander. Wie nah, habe ich gestern erfahren dürfen.

Der Weg von unserem Ausgangspunkt (Sunnbüel-Bergstation) zog sich ewig lang hin – zumindest kam es mir so vor – und schlängelte sich die fast 400 Höhenmeter bis zur Gemmi hoch. Da merkt man schon, dass die Luft im Berner Oberland etwas dünner ist als im Taunus 😉

So kam ich ordentlich ins Schwitzen – auch wenn es nur ca. 10 Grad waren. Übrigens, schwitzen bei solchen niedrigen Temperaturen gehört nicht unbedingt zu den angenehmsten Erlebnissen. Aber wenigstens war es auf dem Hinweg trocken. Auf dem Rückweg kam allerdings auch noch der Regen hinzu – ein beständiger, alles durchdringender Nieselregen. Und ich musste feststellen: Meine Wanderhose war nicht so wasserabweisend wie vom Hersteller angepriesen. Um die Laune oben zu halten, haben wir dann “Singing in the Rain” laut “gebrüllt”.

Gemmi-M 036Dennoch, trotz Kälte und Regen: Das Naturerlebnis war einfach himmlisch! Die majestätischen Berge, die kuriosen Felsformationen, die rauschenden Bäche und der klare Bergsee sowie die wunderschönen Blumenwiesen. Am liebsten würde ich ein Stück Blumenwiese mit nach Hause nehmen 🙂 und dazu noch eine große Portion der himmlischen Ruhe, die wir erlebt haben.