Vom Wetter getrieben

Gemmi 012

Als wir heute morgen aufwachten präsentierte sich Kandersteg im schönsten Licht – im Morgenlicht. Denn die meisten Wolken hatten sich verzogen und der blaue Himmel lockte auf die Berge.

“Wo soll es denn hingehen?”, fragte die Hotelchefin. “Auf die Gemmi! Das tolle Wetter müssen wir nutzen.” Damit hatte ich nicht unrecht. Der Wetterbericht versprach zunächst sonniges Wetter und nachmittags sollte es dann regnen.

Bis dahin wollten wir allerdings schon wieder zurück sein. Wir starteten nicht mit der ersten Bergbahn auf den Sunnbüel, aber gegen 9:15 starteten wir schon von der Bergstation. Wenn ich mir überlege, welche Mühe es uns gemacht hätte, die 700 Meter zu Fuß hochzusteigen, sind die 48 CHF nach Ermäßigung mit Gästekarte sicher ein Schnäppchen.

Gemmi 026Das Wetter war in der Tat herrlich. Meine Lieblingsfrau packte sofort ihre Kamera aus und begann mit der Portraitgallerie jedes einzelnen Berges. Ich war nicht weniger begeistert und knipste bis der Finger blasen warf. Letzteres könnte übertrieben sein, aber wir verbrachten nicht wenig Zeit mit den prächtigen Aussichten.

Der Gemmipass ist einer der am meisten begangenen Passwege zwischen dem Berner Oberland und dem Französisch sprechenden Wallis. So wurden unsere Hallos und Guten Morgen-Grüße meist mit einem deutlichen Bonjours retourniert.

Die Stecke selbst besteht aus gut ausgebauten Schotterwegen, die auch Hobbywanderer gut bewältigen können. Allerdings ist die Steigung nicht von schlechten Eltern und der Weg zieht sich über 10 Kilometer von der Bergstation Sunnbüel zur Bergstation Wildstrubel Hotel.

Gemmi 041Der Gemmiweg verläuft mal unterhalb und mal oberhalb der Baumgrenze. Wir sahen daher wilde Blumengärten, die kein japanischer Landschaftsgärtner besser hätte pflanzen können und teilweise Mondlandschaften, wo sich vor langer Zeit Steinlawinen gen Tal einen Weg gebahnt haben.Gemmi 065

Dieser Gegensatz macht den Gemmiweg so attraktiv. Wir mussten immer wieder Pausen machen, weil das Auge des Hobbyfotografen nach weiteren Bildern lechzte. Allerdings schien sich das bald zu rächen. Auf über 2000 Metern über dem Meer spielen die Elemente Billard mit den kleinen Menschen, wenn sie denn erst einmal losbrechen.

Gemmi 118Zunächst umspielte uns nur ein kalter Wind. Wolken überzogen den Himmel in Windeseile. Und zunehmend verzichteten wir auf unsere Fotopausen, weil wir lieber ins Warme wollten.

Gegen Mittag erreichten wir unser Ziel, die Bergstation Hotel Wildstrubel. Die Bergbahn über knapp 1000 Meter vom walisischen Leukerbad auf den Gemmipass gehört zum Hotel. Wer dort wohnt, fährt kostenfrei hoch und runter. Für den einen oder anderen könnte das ein interessanter Geheimtipp sein.

Normalerweise hätte sich uns ein atemberaubender Blick ins Wallis eröffnet. Doch das Wetter war pünktlich wie die Schweizer Eisenbahn. Gegen 12:30 also nachmittags(!) pladderten die ersten Tropfen auf die Aussichtsterrasse, die wir von innen beobachteten.

Gemmi 195Ein Famerrösti mit Spiegelei entschädigte uns für den ersten Teil der Strapazen. Wir wärmten uns noch einmal richtig auf, bevor wir entschlossen in den Regen hinaus traten.

Der stellte sich als gar nicht so schlimm heraus, wie zunächst gedacht. Viel unangenehmer war der kalte Wind, der jetzt unablässig blies. Ans Fotografieren verschwendeten wir keinen Gedanken mehr.

Bloß zurück zum Sunnbüel! Der Wind ließ bald nach und wir tauchten in einen dichten weißen Nebel ein. Die Höhenmeter, die wir im Schweiße unseres Angesichts zum Gemmi zurückgelegt hatten, schmolzen bald dahin. Ich wusste gar nicht, dass wir so schnell unterwegs sein konnten!

Gemmi 109Allerdings wurde das Wetter auch immer schlechter. Inzwischen hatte sich der Nebel verzogen, dafür regnete es wie aus Eimern. Softshelljacken sind “regenabweisend” doch es gibt einen Regen, der sich nicht abweisen lässt.

Aber wenn High-Tech versagt, gibt es immer noch Low-Tech. Ein billiger Schirm, den ich für drei Euro bei Rossmann erstanden hatte, schützte uns besser als der teure Gore-tex-Zwirn.

In Rekord-Zeit legten wir den Weg bis zur Bergstation zurück. Wir konnten es selbst kaum fassen. Wie waren wir nur so schnell hier hergekommen? Für den Rückweg hatten wir nur knapp 2 Stunden gebraucht!

Unsere morgendliche Investition in die Bergbahn warf prächtige Zinsen ab, als sie uns durch das miese Regenwetter zurück nach Kandersteg beförderte. Erschöpft aber auch irgendwie glücklich kehrten wir in unser Hotel zurück.

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