Nach der langen Tour, die uns nicht auf den Rastkogel führte, legten wir einen Erholungstag ein. Es sollte nicht zu anstrengend sein und gleichzeitig Futter für die Kamera bieten. Amanda wählte für uns daher eine Wanderung von Ried bis zur Wallfahrtskirche Sankt Pankraz in Uderns aus.
Der Wanderführer versprach uns eine wenig herausfordernde Wanderung. Bis auf eine Kleinigkeit. Denn es sollte 330 Meter in die Höhe gehen.
Auf einer Wanderung möchtest Du ein Ziel erreichen und wenn dafür eine oder zwei Steigungen zu bewältigen sind, bitteschön, dann machen wir es!
Der erste Abschnitt in Ried startete an einem Kreuzweg. Üblicherweise sind solche Weg historisch und am Wegesrand sind die 12 Leidensstationen Christi dargestellt. Am Ende gibt es immer eine kleine Kapelle. Und rate mal, in Ried war es ganz genauso. Allerdings gibt es hier eine Besonderheit. Denn dieser Kreuzweg wurde in der Neuzeit angelegt. Wohlhabende Bürger haben die Grundstücke am Hang und die geschnitzten Kreuzstationen gespendet.
Anders als im Wanderführer beschrieben, gingen wir den Kreuzweg bis zum Ende. Dabei stand der Glaube im Vordergrund. Der Glaube, sich noch immer auf dem richtigen Weg zu befinden. Aber da täuschten wir uns. Laut Wanderführer hätten wir den Kreuzweg im oberen Drittel verlassen sollen, um auf einer Asphaltstraße weiterzuwandern.
Der gewählte Weg ist definitiv der Schönere, wenn er auch eine scharfe Steigung vorlegt und uns ganz schön zum Schwitzen brachte. Die Kreuzkapelle ist kein Kleinod, aber sehr schön gemacht.
Von dort setzten wir unseren Weg fort, um unseren verlorenen Weg zu jagen. Zu unserem Wanderführer gibt es die GPS-Koordinaten fürs Handy zum Download. Daher sind Abwege eigentlich kein Problem mehr. Der moderne Wanderer kann sich so wieder der eigentlich geplanten Route nähern, ohne ganze Wegesteile zurück gehen zu müssen.
In Realität läuft es dann oft so: “Wir sind ganz nah!” “Die Straße verläuft oberhalb hinter dem Dichten Unterholz mit den Dornen.”
“Und wie kommen wir jetzt dorthin?”
“Keine Ahnung. Lass uns einfach weitergehen. Ich glaube, die Karte zeigt weiter vorne an, dass unser Weg auf die Straße führt.”
Wanderführer entmündigen Dich. Sie besitzen die Wahrheit über den einzig richtigen Weg und wenn Du abseits läufst, bist Du falsch. Dabei war unser Weg um Längen schöner als der vorgeschlagene.
Notiz an mich selbst: Wenn der Weg schön ist, dann sind wir richtig, ganz gleich was der Wanderführer erzählt.
Lange währte unsere Revolution nicht und bald folgten wir wieder dem Westentaschendiktator, der uns auf einer asphaltierten Straße in die Höhe führte. In der Wegbeschreibung hieß es: “… und wir gewinnen in zwei Serpentinen leicht an Höhe …”
Was für eine Untertreibung. Die Serpentinen sind elendig lang und führen in luftige Höhen. Während des Aufstiegs steigt langsam die Spannung. Liegt Sankt Pankraz so hoch? Schwebt die Wallfahrtskirche quasi über den Wolken?
Doch dann erreichst Du die Abzweigung nach Uderns und es geht schnurgerade abwärts. Vielleicht wollte unser Westentaschendiktator uns eine grandiose Aussicht auf das Tal spendieren. Doch davon steht da kein Wort. So macht sich Enttäuschung breit. Warum sind wir jetzt diesen ganzen Weg nach oben gewandert, wenn es weiter untern einen Pfad durch den Wald gegeben hätte, der dazu keinen so langen Aufstieg braucht?
Führung ist eine schwierige Sache und wir einfachen Wanderer müssen wohl nicht immer verstehen, warum eine Anweisung in der Wegbeschreibung steht. Zumindest haben wir auf dem Weg viel Futter für die Kamera gefunden. Das entschädigt.
Nach dem wir die Höhe vollständig abgebaut hatten, stehen wir vor dem geschützten Kirchberg von Sankt Pankraz, unserem Ziel des Tages. Die Besichtigung war kurz und schmerzlos, aber schön. Wir hatten noch kein Mittagessen gehabt und entschlossen uns, die Bahn in Uderns zurück nach Mayrhofen zu nehmen, um im Sennereibistro eine der lokalen Milchköstlichkeiten zu probieren.